Zwei Akaflieg-Teams absolvieren erfolgreich den Green Speed Cup

Der Green Speed Cup hat sich nach seiner mittlerweile siebten Austragung schon einen festen Platz in der Flugsaison der Akaflieg gesichert. Einmal im Jahr lädt das Green Aviation Institute e.V. bis zu 20 ambitionierte Piloten und Teams an den Flugplatz in Strausberg ein, um sich in möglichst effizientem Fliegen zu messen. Effizientes Fliegen – wie funktioniert das? Mach Fliegen nicht viel Lärm und produziert Unmengen an CO2? Diesem Klischee wird hier mit aller Kraft entgegengewirkt. Die letztendlich 11 Teams, die sich diese Jahr Anfang Juni am Flugplatz Strausberg eingefunden haben hatten nur ein Ziel: Auf einer vorgegeben Strecke die Quotienten aus durchschnittlicher Geschwindigkeit und Kraftstoffverbrauch zu optimieren. Mitmachen darf jeder und gerade das macht hierbei den besonderen Reiz aus. Es treten nicht nur Piloten gegen einander an, sondern es dreht sich auch sehr viel um die optimale Ausnutzung der aerodynamischen Eigenschaften der verschiedenen Flugzeuge. Dem Ehrgeiz der Piloten sind dabei keine Grenzen gesetzt. Neben aerodynamischen Umbauten und unterschiedlichen Strategien steigende Luftmassen (Thermik) auf der Strecke auszunutzen, hat jeder Pilot eigene Ideen, die er gerne im Wettkampf mit andern ausprobieren möchte.
Von der Akaflieg Darmstadt sind wir dieses Jahr das erste Mal gleich mit zwei Teams angetreten. Die D-39 b ist eine Eigenentwicklung der Akaflieg Darmstadt und hat mit ihrem Piloten Holger Massow den Titel bereits zweimal in Folge geholt. Holger trat also dieses Jahr als Titelverteidiger und als einer der Favoriten an. Das zweite Team bestand aus Arne Klomp und Jannik Birk mit dem Motorsegler G109, der freundlicherweise vom Fachgebiet Strömungslehre und Aerodynamik zur Verfügung gestellt wurde. Die Konkurrenz bestand aus aerodynamisch ausgereiften Konstruktionen, wie den Flugzeugen von der Firma Stemme (S10 und S12) und der Carat von Technoflug und aus Piloten mit langjähriger Erfahrung in möglichst energie-effizienten Fliegen.
Dieses Jahr waren die Rahmenbedingungen in Strausberg östlich von Berlin optimal. Das Wetter war durchgehen schön und sonnig. Zudem gab es an den beiden Wertungstagen (Freitag und Samstag) thermische Aufwinde, welche die Strategie der Piloten um eine weitere Dimension erweitert haben. Die Firma Apus hat seine neue Halle am Flugplatz Strausberg für den Wettbewerb zur Verfügung gestellt. Damit gab es eine Werkstatthalle um Wägungen durchzuführen (um den Kraftstoffverbrauch festzustellen), eine kleine Kantine in der man sich sehr um unser leibliches Wohl sorgte und einen Vortragsraum. Der Tagesablauf bestand, wie für einen Flugwettbewerb üblich, aus einem morgendlichen Briefing, im dem Streckenplanung und Wetter diskutiert wurden. Anschließend hatten wir ausreichend Zeit unsere Taktik für den Tag zu erarbeiten und die Flugzeuge für den Flug vorzubereiten.

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Am ersten Tag wurde eine Aufgabe von ca. 330 km vorgegeben. Wegen geringen Windes und ausreichender Thermik stellte sich für uns die Frage inwieweit es sich lohnen würde Umwege zu fliegen, um dafür das Steigen in der Thermik auszunutzen. Das Team von der G109 entschied sich dafür wenig Wert auf die Thermik zu legen und stattdessen den optimalen Betriebspunkt des Flugzeugs auszunutzen. Holger mit der D-39 wählte auf Grund des deutlich andern Flugzeugentwurfs eine deutlich höhere Geschwindigkeit als die G109. Der Start erfolgte in einer Art Staffel. Durch die gute Vorbereitung von Wettbewerbsleitung und Piloten konnten alle Flugzeug innerhalb weniger Minuten in der Luft sein und sich auf den Weg machen ihre Strecke zu absolvieren. Wie sich die unterschiedlichen Taktiken auf das Ergebnis auswirkten wurde jedoch erst am Abend klar. Nach neuerlicher Wägung konnte festgestellt werden, wie viel Kraftstoff die Flugzeuge denn jetzt wirklich verbraucht hatten. Zur Berechnung der durchschnittlichen Geschwindigkeiten wurden GPS-Aufzeichnungen herangezogen.
Das Ergebnis des ersten Wertungstages sorgte durchaus für viel Diskussion und versprach Spannung: Die D-39 b hatte ihre Favoritenrolle an Werner Scholz mit seinem Carat abgeben müssen. Der Vorsprung war jedoch denkbar knapp. Mit 1000 zu 972 Punkten hatte die Carat knapp gewonnen. Dabei sind die Leistungen der D-39 b durchaus beachtlich: bei einer Geschwindigkeit von fast 190 km/h verbrauchte sie nur 5,4 l/100km! Das Team der G109 landete mit 156 km/h und 6,9 l/100km auf Platz 6.

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Nachdem die Flugzeuge versorgt waren gab es noch eine kleine Serie von Vorträgen aus Industrie und Forschung zu neuen Entwicklungen im Bereich des effizienten Fliegens. Ein besonderer Fokus lag dabei auf dem Einsatz elektrischer Antriebe um Lärm- und Schadstoffemissionen zu verringern.
Nachdem die Ergebnisse des ersten Tages analysiert und mögliche Fehler bei einem Bierchen in der Abendsonne diskutiert waren, gingen alle Teams erschöpft ins Bett. Das war auch gut so, denn am nächsten Tag wurde mit 380 km erneut eine relativ lange Strecke ausgeschrieben. Dabei blieb es nicht nur an der Spitze spannend, sondern auch im Mittelfeld um am Schluss der Rangliste wurden Taktiken geändert.
Der Erfolg ließ sich dann wiederum bei der Wägung messen: Holger hatte es tatsächlich geschafft durch eine kleine Anpassung der Geschwindigkeit einen Tagessieg zu holen. Auch dem Team der G109 war es möglich einen Platz besser abzuschließen. An der Gesamtwertung änderte sich dadurch jedoch leider nichts. Nach Tag 2 lag der Carat mit 1990 Punkten in Führung, dicht gefolgt von der D-39 b mit 1972 Punkten. Bereits am Abend nach der Wertung war allerdings klar: Am nächsten Tag würde es keinen Flug geben. Von Süden her nährte sich schlechtes Wetter und man musste schließlich auch noch an den Heimflug denken. So blieb es bei dem denkbar knappen Ergebnis, bei dem die D-39 b auf Platz 2 blieb. Der Abend des zweiten Tages wurde wieder mit Vorträgen und einem leckeren asiatischen Buffet beendet.

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Am nächsten Tag hieß es, sich möglichst schnell auf den Rückweg zu machen, um vor den beginnenden Gewittern im Süden wieder zu Hause zu sein. Nach der Siegerehrung und ein paar Gruppenfotos zur Erinnerung starten dann die meisten Teilnehmer recht zügig gen Heimat. Während die D-39 b sich auf den direkten Rückweg machte und noch das Flugplatzfest in Heppenheim besuchte, nahm das Team der G109 noch einen kleinen Umweg in Kauf. Zusammen mit dem Carat und der Dimona flogen wir eine kleine Sightseeing-Tour über Berlin. Dank der Genehmigung von Berlin Schönefeld Turm flogen wir in einer Dreier-Formation in Sichtweite des Berliner Fernsehturms und des alten Flughafens Tempelhof vorbei. Der gemeinsame Flug setzte sich dann fort bis ungefähr Fulda, wo sich dann unsere Wege trennten.
Im Rückblick möchten wir der Organisation für dieses wirklich fantastische Wochenende danken. Alles war perfekt geplant und die Verantwortlichen hatten wirklich an alles gedacht, um uns einen angenehmen Aufenthalt in Strausberg zu ermöglichen. Die Atmosphäre unter den Piloten war zudem von konstruktivem und lockerem Austausch geprägt. So war es besonders jungen Teams wie uns von der G109 möglich so einiges zu lernen.
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