D-39 Green Speed Cup 2015 – Ein Pilotenbericht

2015 nahm erstmals ein Team der Akaflieg Darmstadt am Green Speed Cup teil. Mit diesem Bericht will ich einen kleinen Eindruck von diesem Wettbewerb geben und so eventuell andere Teams motivieren, teilzunehmen oder sogar andere Akafliegs anregen sich Gedanken über energiesparende Flugzeuge zu machen und geeignete Prototypen zu entwickeln.

Was ist der GREEN SPEED CUP?

bild-1Der GREEN SPEED CUP ist ein jährlich in Strausberg bei Berlin stattfindender Wettbewerb, bei dem es um das reiseeffiziente Fliegen geht. Veranstalter ist der Verein STEMME Aviators. Im Vordergrund steht der schnelle und energiesparende Streckenflug mit Antriebsunterstützung. Der Zweck des Wettbewerbs ist es, neue Methoden des energiesparenden Motorfliegens unter Ausnutzung atmosphärischer Aufwinde zu entwickeln. Dabei gibt es keine großen Beschränkungen auf spezielle Flugzeugklassen wie bei Segelflugmeisterschaften üblich. Im Gegenteil; es treten Echoklasse Flugzeuge, ULs, Touringmotorsegler und eigenstartfähige Segelflugzeuge gegeneinander an. Neben Serienflugzeugen (z. B. Stemme S10 oder Scheibe Falke) gibt es auch den ein oder anderen Exoten, so zum Beispiel dieses Jahr die D-39 der Akaflieg Darmstadt.

Das Flugzeug D-39b „McHinz“

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Die D-39 ist ein einsitziger Motorsegler der Aka-flieg Darmstadt. Der Entwurf stammt aus den späten 70er Jahren, hat aber über die Jahre diverse Änderungen, Umbauten und Optimierungen erhalten. Die Tragflächen sowie die Leitwerke stammen von der D-38, aus der später die DG100 abgeleitet wurde. In der jetzigen Version sind die Flügel auf 17m Spannweite verlängert. An den Flügeln befinden sich abnehmbare Stützräder. Die D-39 wird über einen Limbach L2000 Motor mit einem mechanischen Verstellpropeller angetrieben. Das zentrale Hauptfahrwerk ist einziehbar. Die D-39 ist nicht nur optisch ein windschnittiges Flugzeug, sondern auch die gemessenen Werte lassen auf eine gute Aerodynamik schließen.

Wie konnte es soweit kommen?

Angeregt durch einen Vortrag auf dem Segelflugsymposium in Braunschweig über energieeffizentes Fliegen und den GREEN SPEED CUP reifte bei einigen in der Akaflieg Darmstadt der Gedanke, dass wir dort mit der D-39 teilnehmen sollten. Die D-39 sollte dort nicht ganz chancenlos sein und der Charakter des Wettbewerbs passt hervorragend zum Motto „forschen, bauen, fliegen“ der Akaflieg. Also haben wir uns schnell angemeldet und die Vorbereitung konnte beginnen. Wobei die Vorbereitung nicht aus hunderten Trainings- und Messflügen bestand, sondern aus Winterwartung und warten auf die neue VVZ. Nachdem die VVZ trotz Poststreik noch rechtzeitig angekommen war, konnte ich noch einen kurzen Übungsflug – der auch gleichzeitig Werkstattflug war – machen. Die erhoffte Ermittlung einer Verbrauchspolare kam aber nicht mehr zustande.

Anreise

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Anreise am Freitagmorgen

Wie schon erwähnt findet der GREEN SPEED CUP auf dem Flugplatz Strausberg bei Berlin statt. Die erste Frage ist also wie kommt man da logistisch am besten hin? Per Auto mit dem Flieger im Anhänger oder die D-39 dorthin fliegen? Von Heppenheim nach Strausberg sind es 650 km und wer den Anhänger der D-39 kennt kann nachvollziehen, dass das eher die Notlösung sein sollte. Da uns vom GREEN SPEED CUP-Team ein Hallenplatz zugesichert wurde, fiel die Entscheidung schnell auf die fliegende Variante. Die Strecke von Heppenheim beträgt mit Umfliegen diverser Lufträume 520 km. Da ich mir über den Verbrauch im Voraus nicht ganz klar war und die D-39 nur über einen 33 Liter großen Tank verfügt, habe ich noch einen Tankstopp in Jena eingeplant. Um rechtzeitig zum Eröffnungsbriefing in Strausberg zu sein, hieß es also früh aufstehen. Morgens um 6:30 Uhr ging es in der Akaflieg los Richtung Flugplatz. An dieser Stelle noch einmal Danke an die Helfer Leif, Dennis, Kuli und Blaumann für das frühe Aufstehen. Nachdem der Flieger zusammengebaut, betankt und gecheckt war erfolgte pünktlich um 8 Uhr der Start Richtung GREEN SPEED CUP. Der Flug führte wie geplant erst Richtung Jena wo nochmal zwischengetankt wurde und von dort nach Strausberg. Dort landete ich gerade noch rechtzeitig zum Eröffnungsbriefing.

Erster Wertungstag

An jedem Wertungstag gibt es ein Briefing bei dem die Wertungsstrecke bekannt gegeben und eine Wettertaktik besprochen wird. Für den ersten Tag wurde eine 440 km lange Strecke ausgeschrieben. Die Strecke führte von Strausberg zum ersten Wendepunkt Bautzen, von dort südlich zum zweiten Wendepunkt Langenhennersdorf und wieder zurück nach Strausberg. Die Strecke war durch die Wettbewerbsleitung bewusst so lang gewählt worden, um die Leistung der Flugzeuge auszureizen.

Da für den südlichen Teil der Strecke gute Thermik vorhergesagt war und der Wind mit der Höhe auf Rückenwind drehen sollte, war meine Taktik auf 1800 m zu steigen möglichst unter Ausnutzung von Thermik. Südlich des Berliner Luftraums zeigte das Vario auch die erhofften Ausschläge nach oben. Leider musste ich feststellen, dass ich die Bärte nicht wirklich zentriert bekam. Somit entschied ich mich den Motor nicht auszuschalten und zu kreisen, sondern die Thermik im Geradeausflug mitzunehmen. Am Wendepunkt Bauzen stand dann die Entscheidung an auf direktem und somit kurzem Weg den nächsten Wendepunkt anzufliegen oder aber die etwas südlich stehenden Wolken auszunutzen. Da der zweite Schenkel relativ kurz war, hielt ich den möglichen Gewinn durch Thermik für zu klein und nahm den direkten Weg. Um unter dem Dresdener Luftraum zu bleiben, musste die Höhe in Fahrt umgewandelt werden. In niedriger Höhe am Elbtal entlang war sicherlich der landschaftlich schönste Abschnitt des Wettbewerbs. Auf dem letzten Schenkel war es günstiger nicht zu hoch zu steigen, um nicht zu starken Gegenwind ausgesetzt zu sein. Etwas östlich vom Kurs waren ein Paar Wolkenfetzen zu erkennen, die ich im Geradeausflug mitgenommen habe. Ob sich der daraus resultierende Umweg gelohnt hat, kann ich nicht sagen. Ein anderer Teilnehmer ist eher westlich vom Kurs geflogen, was ihm scheinbar einen kleinen Zeitvorteil gebracht hat. Nach dem ersten Wertungsflug war natürlich die Spannung bei mir besonders groß zu erfahren, wie man im Vergleich zu den anderen Flugzeugen und Piloten steht. Die vorläufige Wertung zeigte dann einen zweiten Platz ganz knapp hinter dem Erstplatzierten. Somit war der Ehrgeiz geweckt.

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Barogramm am ersten Wertungstag

Zweiter Wertungstag

Am zweiten Wertungstag konnte ich glücklicherweise auf die Unterstützung meiner Bodencrew, welche aus Kuli und Blaumann bestand, zurückgreifen. Die beiden waren in der Nacht mit dem Auto angereist. Durch die Helfer war es jetzt möglich, die D-39 ohne die Stützräder zu fliegen. Wie sich gezeigt hat, verbessert sich durch das Fliegen ohne Stützräder die Leistung spürbar. Die Aufgabe am zweiten Wertungstag war 396 km lang und somit etwas kürzer als am Vortag.

Es ging wieder Richtung Süden in den thermisch gut vorhergesagten Fläming. Der erste Wendepunkt war Guben an der polnischen Grenze. Von Guben ging es weiter Richtung Westen nach Wittenberg an der Elbe. Auf dieser Strecke gab es deutlich sichtbare Thermikwolken mit einer Basishöhe von ca. 2000 m. Die Wettervorhersage prognostizierte das beste Steigen in einem Bereich von 1400 m bis 1800 m. Deshalb habe ich versucht möglichst in diesem Höhenband zu bleiben und die Thermik im Geradeausflug auszunutzen. Da die Thermik durch die Wolken relativ zuverlässig erkennbar war, habe ich auch kleinere Kursabweichungen in Kauf genommen. Zum dritten Wendepunkt Beeskow ging es fast auf gleichem Weg wieder zurück, wobei die Strategie beibehalten wurde. Von Beeskow ging es zurück nach Strausberg, wobei die Höhe jetzt in Geschwindigkeit umgesetzt werden konnte.

Da ich diesen Tag ohne Stützräder unterwegs war, erfolgte die Landung auf der Grasbahn und die Stützräder wurden direkt nach der Landung wieder angesteckt, um ohne unnötigen Zeit- und Spritverlust zur Waage zu rollen. Wie die Wertung am Abend zeigte, hat sich das Weglassen der Stützräder und das Verzichten auf Kreise als eine gute Wahl erwiesen. Ich konnte den Tagessieg mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 154 km/h bei einem Kraftstoffverbrauch von 4,5 l pro 100 km erringen. Mit diesem guten Ergebnis in der Tasche hieß es jetzt natürlich am kommenden Tag nochmal voll konzentriert fliegen und den Sack zu machen. Wobei das einfacher gesagt ist als getan, da ich da so ein Talent habe, Meisterschaften noch am letzten Tag zu vergeigen.

 Unterstützung durch einen Flächenläufer beim Start

Dritter Wertungstag

Aufgrund des für den Nachmittag angekündigten schlechten Wetters mit Gewittern, wurde die Aufgabe auf den Vormittag gelegt und mit 165km kleiner als die letzten Tage angesetzt. Diesmal ging es in den Norden, zuerst nach Templin und von dort weiter nach Schwedt und wieder zurück nach Strausberg. Da so früh morgens noch keine Thermik zu erwarten und es auch fast windstill war, ergab sich die Taktik von selbst. Einfach im möglichst effizienten Drehzahl/ Geschwindigkeitsbereich fliegen, keine unnötigen Steigphasen und möglichst genau auf Kurs fliegen, war das Mittel der Wahl aller Piloten. Nach dem gestrigen Ergebnis flog ich natürlich wieder ohne Stützräder. Als Tagessieger hatte ich die erste Startposition. An der ersten Wende in Templin wurde ich von der Stemme S10 überholt. Da die Stemme aber nicht wesentlich schneller als ich flog, probierte ich auf dem zweiten Schenkel den Windschatten auszunutzen. Wie in einem Vogelschwarm üblich hab ich mich hinter seiner Flächenspitze positioniert. Ich kann aber nicht sagen, ob der Abstand gestimmt hat und ob es wirklich einen Einfluss hatte.

Die nachfolgende Tabelle zeigen die Ergebnisse der D-39 sowie das Gesamtergebnis. Die detaillierten Ergebnisse und IGC-files können auf der Homepage vom GREEN SPEED CUP heruntergeladen werden.bild-14

Fazit und Erkenntnisse für das nächste Mal

Der Wettbewerb macht extrem viel Spaß und ich kann nur jedem empfehlen, daran teilzunehmen. Es ist zwar ein Wettbewerb und es geht um eine möglichst gute Platzierung, aber gefühlt ist es eher ein gemeinschaftliches Fliegen mit einem regen Austausch über Strategie und Taktik unter den Teilnehmern. Für mich persönlich kann ich sagen, dass ich mir durch den GREEN SPEED CUP deutlich mehr Gedanken über energiesparendes Fliegen gemacht habe als bei meinen bisherigen Flügen mit Motorseglern und Motorflugzeugen. Gleichzeitig glaube ich, dass noch einiges an Potential in Pilot, Material und Taktik steckt. Deshalb noch ein Paar mögliche Verbesserungspunkte die ich sehe:

  • Mehr Training auf dem Flugzeugtyp
  • GSC Trainigsaufgaben üben
  • Bestimmung einer genauen Verbrauchspolare für das Flugzeug
  • Aerodynamische Verkleidung des Spornrads
  • Lack der D-39 „finishen“
  • Vessere Abdichtung der Haube
  • Direkte Verbrauchsanzeige im Cockpit
  • Aktuelle Windberechnung im Flug
  • Berechnung der aktuellen GSC-Punkte im Flug
  • Zuladung/Tankmenge auf Aufgabenlänge anpassen

Und als etwas weiterer Ausblick wäre ein besonders energieeffizent konstruiertes Flugzeug das Optimum. Dies wäre sicherlich ein spannendes Projekt für die Akaflieg oder einen Selberbauer. Ich bin gespannt, ob sich jemand findet, der sich dieser Herausforderung annimmt.

Holger „Maffoh“ Massow