D-36 “Circe”

EntwurfH. Friess, W. Lemke, G. Waibel, K. Holighaus
Baujahr1964
WerkstoffeGFK, Balsa
Spannweite17,8m
Flügelfläche12,8 m²
Rüstmasse285kg
Sitze1
Bemerkungen1.Platz Deutsche Meisterschaft 1964, 2.Platz Weltmeisterschaft 1965, 3.Platz Deutsche Meisterschaft 1966. Es wurden zwei Exemplare gebaut. Vorbild vieler Segelflugzeuge der Offenen Klasse.

Entwurf und Bau des Hochleistungssegelflugzeuges D-36

Mit der D-36 sollte ein Flugzeug geschaffen werden, das den neuesten Erkenntnissen der Aerodynamik, der Bauweisen und der Leistungsforderung entsprechen sollte. Dabei sollen die Flugeigenschaften möglichst denen der jetzigen Übungs- und Leistungssegelflugzeuge ähneln.

Leistungsforderung

Das Flugzeug soll bei gegebenen schwachen Aufwindverhältnissen eine möglichst hohe Reisegeschwindigkeit entwickeln. Diese Forderung sahengerechnete Geschwindigkeitspolare der D-36 wir am ehesten erfüllt, indem wir den größten Wert auf günstige Leistungen und Eigenschaften im thermischen Kreisflug legten.

Die hohe Festigkeit der glasfaserverstärkten Kunststoffe ermöglichte uns den Bau der Streckung von 24 bei einer mittleren Profiltiefe von 13%, was sich als Optimum für die Steigerung der Kreisflugleistungen erwies. Diese Auslegung brachte den Vorteil, daß beim Überschreiten der gewünschten optimalen Flächenbelastung die Reisegeschwindigkeit nur langsam nachläßt.

Aerodynamik

Um den Rumpfwiderstand niedrig zu halten, wurde eine kleine Rumpfoberfläche angestrebt. Dies erfordert eine halbliegende Anordnung des Piloten sowie eine sanfte Einschnürung des Rumpfes hinter dem Cockpit. Da die Laminarhaltung eines Rumpfes bei der Re-Zahl von 1,5*107 schwierig ist, aber seinen Widerstand entscheidend beeinflußt, wurde die geblasene Plexiglashaube zweigeteilt und das vordere Stück fest mit dem Rumpf verbunden und verspachtelt.

Als eine Windkanalmessung von F.X. Wortmann in Stuttgart den sehr störenden Einfluß eines Stauanschlusses in der Rumpfspitze deutlich herausstellte, verlegten wir die Belüftung unter den Flügelanschluß und das Staurohr in die T-Leitwerkspitze. Das T-Leitwerk wählten wir, weil es im Vergleich mit anderen Leitwerksformen den geringsten Widerstand besitzt. Der zusätzliche Gewichtsaufwand für das T-Leitwerk ist bei einem Segelflugzeug dieser Größenordnung zu vertreten.

Der Flügelumriß wurde mit Hilfe eines Doppeltrapezes der Ellipse möglichst angeglichen. Zugunsten der Flugeigenschaften wurde er dann noch um 3° linear geometrisch geschränkt. Als Profil ließen wir uns von F.X. Wortmann das Klappenprofil F.X.62-K-131 entwerfen und vermessen. Dieses Profil ist 13,1% dick und verschiebt mit einer 17% tiefen Wölbklappe (Drehachse in der Profilunterseite und Spalt gegen Durchblasen abgedichtet) seine Laminardelle von cA=0,1 bis 1,3. In diesem Bereich ist der Profilwiderstand um rund 20% geringer als bei den modernsten Profilen gleicher Laminardellenbreite. Dieses Profil wird im inneren Trapezteil verwendet und im äußeren auf das ebenfalls von Wortmann vermessene Profil F.X.60-162 linear gestrakt. Dieses 12,6% dicke Profil erreicht ohne Klappenausschlag bei der Re-Zahl von 0,7*106 noch ein cAmax von 1,5 bei mäßigem Widerstand über dem gesamten cA-Bereich. Es soll die ausreichende Querruderwirksamkeit bei hohen cA-Werten ermöglichen. Die leichte Rückpfeilung der Flügelneutralpunktslinie ergab sich aus konstruktiven Gründen; der Holm verläuft geradlinig über die Spannweite und liegt an der dicksten Stelle des Profils.

Die Querruder sind wegen der Wirksamkeit und des Überganges auf ein Profil geringerer laminarer Laufstrecken 25% tief und werden aerodynamisch gleichsinnig mit den Wölbklappen ausgeschlagen. Da der Wölbklappenausschlag bezweckt, daß der Anstellwinkel des Flügelprofils unabhängig von der Fluggeschwindigkeit und der g-Belastung immer konstant bleibt, ändert sich auch die Anströmung des Rumpfes über der Fluggeschwindigkeit nicht. Dadurch erwarten wir eine gleichbleibende ausreichende Sicht für den Piloten und die Vermeidung aller Strömungsablösungen am Rumpf über dem gesamten Geschwindigkeitsbereich.

Flugeigenschaften

Die Schränkung des Flügels verbunden mit der Profilwahl soll ein gutmütiges Abreißverhalten im Langsamflug bei böigem Wetter begünstigen. Eine mit der Klappenstellung veränderliche Differenzierung der Querruder soll der leichten Steuerbarkeit im Langsamflug dienen. Schempp-Hirth-Bremsen sollen die Schwierigkeiten eines solchen Leistungssegelflugzeuges im Landeanflug beseitigen. Die einzelnen Bremsklappenkasten sind untereinander durch Simeritdichtungen luftdicht getrennt, so daß die Klappendeckbänder nicht mehr die Abdichtung und damit die Saugbelastung übernehmen müssen. Sie sind durch Federn mit der eigentlichen Klappe verbunden und sollen nur bei den wechselnden Flügeldurchbiegungen die stetige Profilkontur garantieren.

Bauweise

Bei der Bauweise entschieden wir uns für eine balsagestützte GFK-Schale, die die Akaflieg Braunschweig erfolgreich entwickelt hat und die wir noch etwas verfeinerten. Wir hatten zwar mit der D-34d Tragfläche schon eine sehr formgetreue Flügelbauweise gefunden, indem wir zur Stützung der GFK-Schale Hartpapierwaben verwendeten. Sie erwies sich aber als im Bau komplizierter, als schlagempfindlich und gewichtlich schwerer.

Dort wo das Balsa infolge starker Verformungen zum Mittragen gezwungen wäre, wurde es unter 45° oder 90° zur Beanspruchungsrichtung eingebaut, um den Gesamtverband durch die geringere Bruchdehnung des Balsas nicht unnötig zu schwächen. So ist z.B. das Balsa der gesamten Flügelschale unter 45° zum Holm eingelegt. Dadurch ergibt sich eine scheinbare Verdoppelung der Balsabruchdehnung in der Biegebeanspruchungsrichtung des Rovingholmes. Überdies wurde dadurch auch die Torsionssteifigkeit des Flügels gegenüber längs eingelegtem Balsa verdoppelt. Die Beanspruchung der Balsa-Schale durch Torsion ist nicht kritisch, da der Schubverband infolge der hohen Torsionssteifigkeiten festigkeitsmäßig vierfach überdimensioniert ist.

Der Holm ist ein einfacher Kastenholm mit Rovinggurten. Er ist für eine Belastung von 10g dimensioniert.

Ergebnisse der ersten Flugeigenschaftsuntersuchungen

Die D-36 wurde am 28. März in Gelnhausen eingeflogen und anschließend der Flugeigenschaftserprobung unterzogen.

Die Gleitwinkelsteuerung mit den Bremsklappen im Landeanflug ist fast mit der K-7 vergleichbar, obwohl bei ausgefahrenen Bremsklappen kein Luftaustausch zwischen Profilober- und Unterseite stattfinden kann.

Überraschend große Schiebewinkel lassen sich im Slip erreichen. Der Slip ist dadurch recht wirksam und läßt sich auch bei niedrigen Geschwindigkeiten bei guter Querruderwirksamkeit durchführen.

Das Überziehverhalten ist mit dem des L-Spatzen vergleichbar. Das Abkippen über einen Flügel geht recht langsam vor sich und läßt dem Piloten genügend Zeit zu Gegenreaktionen. Die Geschwindigkeit beim Thermikkreisen liegt je nach Schräglage zwischen 70 und 80 km/h. Die Kurvenlage ist trotz fehlender Kielwirkung des Rumpfes angenehm stabil. Die Steuerkräfte sind klein, und für einen Kurvenwechsel von 45° zu 45° benötigt man 5 sec. Dank der für dieses Flugzeug hervorragenden Wendigkeit ließen sich auch in engen Aufwindverhältnissen bereits erfolgreiche Segelflüge durchführen; das bei einer Flächenbelastung von 29 kp/m2.

Der sehr biegeweiche Flügel erfordert bei Startbeginn und bei dem Ausrollen besondere Aufmerksamkeit, da dann infolge fehlenden Auftriebs die Flügelenden nur eine Bodenfreiheit von 75 cm haben. Im Fluge stabilisieren die Flügel infolge der großen V-Form den Kurvenflug und verhindern den Spiralsturz. Nimmt man im Kurvenflug das abstützende Querruder auf Null zurück und versucht nur mit dem Höhenruder die Maschine zu halten, dann rollt sie bis etwa 65° Schräglage, um dann bei etwa 100 km/h stabil zu kreisen. Überzieht man in dieser Lage, dann geht sie ganz leicht auf den Kopf, um sich dann wieder in die steile Kurvenlage selbst einzusteuern.

Die Sicht aus der geblasenen Haube ist ausgezeichnet. Die liegende Anordnung des Piloten verbunden mit der Abfederung der Böen durch den Flügel machen das Fliegen sehr bequem. Etwas Bedachtsamkeit erfordert der Schnellflug. Das sich die Rumpflage vom Langsamflug zum Schnellflug praktisch nicht ändert und das Fahrtgeräusch fast konstant über der Geschwindigkeit bleibt, lassen sich leicht ungewollt hohe Geschwindigkeiten erreichen, wenn man den Fahrtmesser eine Weile unbeobachtet läßt. Auch werden die Abfangbeschleunigungen nur gering infolge des Liegesitzes wahrgenommen, do daß hier die Gefahr einer möglichen Überlastung bestehen könnte.

Bei Fluggeschwindigkeiten über 140 km/h wurde eine antimetrische gekoppelte Flügel-Biege/Querruderschwingung beobachtet. Sie konnte durch Einbau eines hydraulischen Dämpfers beseitigt werden.

Über die tatsächlichen Flugleistungen läßt sich noch nichts sagen, da wegen des schlechten Wetters noch keine Vergleichsflüge durchgeführt werden konnten.